Konflikte treten gerade in Projekten häufig auf, weil die Neuartigkeit des Vorhabens, die Gegensätze zum Routinebetrieb, die schwierigen Rahmenbedingungen und der meist mit Projekten verbundene Veränderungsdruck viele Reibungsflächen eröffnet. Konflikte sind daher immanent mit Projekten verknüpft.
Das Auftreten von Konflikten ist somit kein Zeichen von Schwäche oder schlechter Führung. Professionalität zeigt sich allerdings im Erkennen und in der Bearbeitung von Konflikten. Es ist nicht möglich, alle Konflikte zu lösen. Allerdings kann professionelle Führungsarbeit durch rechtzeitiges Erkennen und systematische Anwendung konfliktreduzierender Maßnahmen den Anteil der völlig eskalierten Situationen auf ein Minimum reduzieren.
In einem ersten Schritt sollte sich der/die Projektleiter*in darüber klar werden, um welche Art von Konflikt es sich handelt.
Prinzipiell lassen sich 3 Arten von Konfliktursachen erkennen:
• Unterschiedliche Persönlichkeiten
• Strukturelle Unterschiede
• Kulturelle Unterschiede
1. Persönlichkeiten als Ursache von Konflikten in Projekten
Menschen unterscheiden sich in ihren persönlichen Merkmalen. Wenn zwei Teammitglieder mit gegensätzlichen persönlichen Eigenschaften im gleichen Projekt miteinander arbeiten, entstehen in vielen Situationen Konflikte oder zumindest sehr unterschiedliche Sicht- und Handlungsweisen, die leicht emotional eskalieren.
Persönlichkeitsbedingte Konflikte entstehen durch die Unterschiede, die es zwischen verschiedenen Menschen gibt. Sich dieser anzunehmen kann zur Verbreiterung des eigenen Horizonts beitragen. Die Art und Weise, wie jemand mit Konflikten umgeht, hängt zu einem großen Teil mit seiner Persönlichkeitsstruktur bzw. seinen Vorerfahrungen zusammen. Eine wesentliche Grundlage für Konflikte sind unterschiedliche Erwartungen, die Menschen in typischen Projektsituationen aneinander haben. Diese treten als Spannungen besonders dann leicht in den Vordergrund, wenn sich Menschen in der Gruppe noch nicht kennen und es wenig strukturierte Vorgaben gibt.
Was ist wichtig bei bei “personellen” Konflikten?
- Um Konflikten besser begegnen zu können, ist es wesentlich, die eigenen Erwartungen von den fremden zu unterscheiden.
- Eine weitere wichtige Grundhaltung ist es, nicht für alles und jeden die Schuld zu übernehmen. Selten werden Konflikte gelöst, indem der Schuldige gefunden und haftbar gemacht wird. Wesentlich nützlicher ist die Frage: „Was ist mein eigener Beitrag, dass sich der andere im Projekt so verhält, wie er sich verhält?“ Wie sich der einzelne im Anfangsstadium eines Konflikts verhält, ist ausschlaggebend für die weitere Konfliktentwicklung.
2. Strukturen als Basis von Konflikten
Die Konfliktursache ist hier nicht in den unterschiedlichen Persönlichkeiten der handelnden Personen verborgen, sondern organisatorische Strukturen, die im Widerspruch zueinander stehen, bewirken den Konflikt.
Häufig sind folgende Aspekte dabei von Bedeutung:
• aufbauorganisatorische Strukturen (unklare Mehrfachunterstellungen,…)
• ablauforganisatorische Strukturen (komplexe Prozesse, Abläufe, die nicht mit der Realität übereinstimmen)
• unklare Rollenbeschreibungen oder überlappende Kompetenzen und Verantwortungsbereiche
• unklare, undurchschaubare und widersprüchliche organisatorische Regeln
Was ist wichtig bei strukturellen Konflikten?
- Die daraus resultierenden Konflikte existieren unabhängig von den handelnden Personen und können nur aufgelöst werden, indem die dahinter liegenden, widersprüchlichen Organisationsprinzipien verändert werden.
- Ein Merkmal von strukturellen Konflikten ist, dass die Konfliktsymptome immer wieder an einer bestimmten Stelle auftauchen. Die Veränderung des Verhaltens einzelner Personen oder der Austausch von Personen verändert bei strukturellen Konflikten nur sehr kurzfristig die Situation.
3. Kultur als Basis von Konflikten
Offizielle Spielregeln versus inoffizielle Kultur
Oft werden in Unternehmen oder Projekten Rituale, Prinzipien und Verhaltensmuster vorgegeben und hochgehalten, die insbesondere von den Führungskräften und leitenden Personen nicht gelebt werden.
Dies führt zu kulturellen Konflikten in Projekten. Der Hintergrund ist häufig die mangelnde Glaubwürdigkeit von Führungskräften. Teammitglieder agieren halbherzig und vor allem mit nach „außen“ an die vorgegebene Kultur angepassten Handlungen, die in Übereinstimmung mit den Anweisungen der Führungskräfte stehen. Diese offiziellen Aktionen werden von inoffiziellen konterkariert.
Was ist wichtig bei kulturellen Konflikten?
- Einem/r Projektleiter*in ist in diesem Fall zu empfehlen, diesen Konflikt im eigenen Team zu thematisieren und eine Projektkultur zu entwickeln, die eine professionelle Zusammenarbeit auf Basis verbindlicher Vereinbarungen fördert.
>>Seminartipp zum Thema: Erfolgreich kommunizieren auch in Konflikten: 11.-12. Oktober 2022 | Wien